Freitag, 9. August 2019

Vor 20 Jahren: Erinnerungen an die totale Sonnenfinsternis von 1999


Ein Jahrhundertereignis

 

Für das Jahr 1999 hatte die Himmelsmechanik ein Großereignis in den Kalender geschrieben, das man - zumindest bezogen auf unseren Teil der Welt - als Jahrhundertereignis bezeichnen kann: Eine totale Sonnenfinsternis am 11. August. Die nächste in Deutschland sichtbare Totalität wird übrigens erst im Jahr 2081 auftreten -  das wird wohl nichts mehr bei mir und macht das Jahr 1999 umso einmaliger.

Im August 1999 war ich auf einem Seminar der "Vereinigung der Sternfreunde e.V." im Kerschensteiner Kolleg auf der Museumsinsel in München. Teil der Veranstaltung war das gemeinsame Erleben der Sonnenfinsternis und zwar an einer besonderen Location - dem Turm des Deutschen Museums, hoch über den Dächern der Metropole.


Blick vom Museumsturm auf Museumsinsel und Innenstadt.

Ich habe mich dort mit meiner Fotoausrüstung platziert. Diese bestand aus:

  • Nikon FM  (Analoge Spiegelreflexkamera aus den späten 70ern / frühen 80ern)
  • Teleobjektiv Beroflex 500/8.0  (ein Geheimtipp! Sehr, sehr günstig aber Tipp Topp)
  • Jessops Filter "Solar Eclipse" und Filterhalter
  • Mein gutes altes Hama-Stativ (iimernoch im Einsatz und unkaputtbar)

Das Werkzeug für die SoFi-Safari


Da ich keinerlei Erfahrungen mit dem Fotografieren einer Sonnenfinsternis hatte, war mir die benötigte Belichtungszeit vollkommen unklar. Dazu kam auch der Umstand, dass ich während der partiellen Phase der Finsternis mit einem Sonnenfilter fotografieren musste. Sehr viele unbekannte Variablen, denn ich hatte den Filter erst Tage zuvor gekauft und noch nicht ausprobiert.

Ich kann auch nicht mehr genau sagen, welche Lichtempfindlichkeit der verwendete Film hatte. Es muss aus meiner Erinnerung etwas Empfindlicheres gewesen sein, vermutlich zwischen 400 und 800 ASA.

Um die Belichtungszeiten variieren zu können, habe ich keine feste Zeiteinstellung verwendet, sondern manuelle Belichtung mit Hilfe eines Fernauslösers (mechanischer Drahtauslöser).


Einen Motorantrieb für den Filmtransport habe ich damals noch nicht besessen, was blöderweise manuelles Spannen zum nächsten Bild erforderte.

Zunächst war neben jeder technischen Vorbereitung aber nicht klar, ob aus der SoFi überhaupt was wird, denn auch über München drückten sich dicke Wolken durch den Himmel.


Das Wetter war ein Wackelkandidat.


Am Abend des 11.08.1999 habe ich auf ein paar Zetteln meine Eindrücke des Tages aufgeschrieben. Ich möchte im Folgenden immer wieder aus den damals noch frischen Erinnerungen zitieren. Man möge mir meine etwas gestelzte Sprache von damals verzeihen, ich war offensichtlich um einen besonders feierlichen Ton bemüht 😄.




Es spitzt sich zu 

 

Die ersten Aufnahmen wurden noch mit dem Sonnenfilter gemacht, da auch die schmale Sichel noch so hell war, dass es sofort zu einer Überbelichtung gekommen wäre. Deshalb erscheint der Himmel ansonsten total schwarz, obwohl die Fotos am Vormittag entstanden.

Der Wechzeichnereffekt stammt von den durchziehenden Wolkenschleiern.


" Erinnerung - 11.08.99
Im größten Teil des circa 100 km breiten Streifens auf deutschem Gebiet, von dem aus man dieses Ereignis hätte beobachten können, lag eine geschlossene Wolkendecke vor - so eigentlich auch über München.

Mit einem letzten verglimmenden Funken Hoffnung stieg ich gegen 11 Uhr auf den Turm des Deutschen Museums und baute meine Fotoausrüstung auf. Um 11 Uhr 16 ereignete sich der erste Kontakt des Mondes mit unserem Zentralgestirn und zu unser aller Erstaunen hob Petrus den Vorhang zu diesem kosmischen Ereignis für ein paar Minuten, bevor die Sonne wieder hinter einem Schleier verschwand [...].

Ab und an gaben Löcher in der Wolkendecke den Blick auf die kosmische Begegnung frei, [...] was aber war mit der Schlecht-Wetter-Front, die sichtbar auf uns zu zog? Im letzten Moment drehte der Wind, die Wolken zogen in eine völlig andere Richtung, eine tiefer gelegene Wolkenschicht löste sich gar völlig auf.



Der Mond schiebt sich vor die Sonne.

Die partielle Sonnenfinsternis dauerte länger als die Totale.


Die "Sonnensichel" wurde stetig kleiner.

Der Mond schiebt sich vor die Sonne.



Ich erinnere mich lebhaft daran, dass einer der Anwesenden mit der Uhr und einer Karte bewaffnet ständig aktualisierte Ansagen über die Postion des Mondschattens und seines Eintreffens bei uns machte: "Jetzt ist der Schatten über Ulm!", "Nun ist er in Augsburg". Man konnte die Vorfreude und Aufregung praktisch greifen.

Nun war es an der Zeit, den Sonnenfilter rauszuziehen.



Unwirkliche Atmosphäre

 

Als der Mond die Sonne verfinsterte, wurde die Szenerie ganz und gar unwirklich. 


" Erinnerung - 11.08.99
Dieses Licht ist anders als zum Beispiel das Licht während der Abenddämmerung. Es ist grau, fahl und lässt alle Dinge auf sonderbare Weise plastischer erscheinen, künstlich fast.
Riesige Schwärme von Vögeln sammelten sich im Himmel zu meiner Linken und es drang kaum noch Lärm von der Straße herauf, obwohl tausende Menschen an der Isar und auf dem Museumsgelände standen und warteten.


Mich haben die Eindrücke so überfallen, dass ich leider kein Foto des sogenannten "Diamantrings" habe. Ich habe für einige Sekunden schlicht vergessen, zu fotografieren.

Ohne Sonnenfilter ging es mit den Aufnahmen dann aber weiter. Und wir modernen Stadtmenschen waren nur atemlose Zuschauer, so wie es unseren Vorfahren vor Zeitaltern ergangen sein muss.

" Erinnerung - 11.08.99
Plötzlich ging alles sehr schnell. Der Mond vollendete sein Werk und in diesem Moment verschwand auf einen Schlag das letzte bißchen Tageslicht und von unten erscholl aus tausenden Kehlen ein Jubelschrei, Pfiffe und Klatschen.


Die Totalität


" Erinnerung - 11.08.99
Ich werde diesen Anblick niemals vergessen können, so schön und so einzigartig war er [...] und auf merkwürdige Weise traurig, daß ich Mühe hatte, meine Tränen zurückzuhalten.



Am oberen Rand sind Sonneneruptionen zu sehen.

" Erinnerung - 11.08.99

Mit der Sekunde der Bedeckung der Sonne erschien die Venus am Himmel, links unter der Sonne stehend. Merkur und Vega blieben durch die restlichen Wolken verdeckt, Sirius lag zu nah am Horizont.

Der Weichzeichnereffekt stammt von durchziehenden Wolkenschleiern.

" Erinnerung - 11.08.99
Unmöglich konnte ich meinen Blick abwenden, [...] meine Hände zitterten. Es war mir gerade noch möglich, immer und immer wieder den Auslöser meiner vorher auf die Szene eingestellten Kamera zu betätigen.

In erstaunlicher Klarheit waren die Protuberanzen der Chromosphäre der Sonne zu sehen - ohne technische Hilfsmittel, mit dem bloßen Auge überdeutlich erkennbar.


München am 11.08.1999

München am 11.08.1999

Es wurde nichts ge-photoshoped! Das blaue Leuchten ist auf dem Negativ, woher es auch immer kommt.

Ein Ereignis, das im Kopf hängen blieb.



Ein paar der Bilder zum Download für Interessierte.

Bild 1  (tif, 23 MB)
Bild 2  (tif, 23 MB)
Bild 3  (tif, 23 MB)
Bild 4  (tif, 23 MB)
Bild 5  (tif, 23 MB)

Donnerstag, 8. August 2019

iRig Pro I/O: Gitarre üben mit dem Smartphone - das 2 Minuten Setup

 

Erfahrungsbericht


Vor ca. 9 Monaten habe ich mir das iRig Pro I/O zugelegt und über das Unboxing und Setup geschrieben. In den letzten Monaten habe ich mir ein kleines Set an Apps zusammengestellt und das Üben mit Smartphone und iRig ist mittlerweile mein tägliches Ritual geworden.

Es ist praktisch, es ist schnell aufzubauen, nimmt fast keinen Platz weg und ist mobil. Da es ein softwaregestütztes Üben ist, gestaltet sich auch das Umschalten zwischen Sounds auf Knopfdruck, was einen knappen Trainingszeitplan noch effektiver nutzbar macht. Der innere Schweinehund hat damit keine Chance mehr!

Ein Erfahrungsbericht und Anleitung zum selbst Ausprobieren...




Was braucht man?

 

Apps, Apps, Apps!

Ich habe eine kurze Live-Demo der Apps erstellt, die ich zum Beispiel für Playalongs, also für das Nachspielen und Mitjammen meiner Lieblingssongs, benutze.

Alle gezeigten Apps gibt es natürlich für iOS und Android!

Unterhalb des Videos schreibe ich gleich noch etwas ausführlicher zu den einzelnen Programmen.





  1. "GuitarTuna" App

    Die Stimmgeräte-App von "Yousician". Funktioniert perfekt, kann auch Nicht-Standard Tunings stimmen. Im Grunde geht sicher auch jede der vielen anderen Stimmgeräte-Apps, wichtig ist, dass man sein Instrument überhaupt stimmt.



     
  2. "Ultimate Guitar" App

    Ich habe ca. 2014 einen Lebenszeit-Zugang für die "Ultimate Guitar"-Webseite gekauft. Diese Bezahloption gab es damals noch und hat gerade mal so etwas um die 70 € gekostet, wenn ich mich nicht falsch erinnere.

    Ultimate Guitar ist für mich sowas wie eine Offenbarung gewesen, wenn man noch aus der Zeit stammt, wo Tabulaturen im Netz eher schwer zu lesende ACSII-Dateien waren, die in der Qualität nicht immer so zufriedenstellend waren. Oder man hat sich für sicher nicht weniger als 20 DM ein Tabulaturen Buch im Musikgeschäft gekauft. Wenn man viele verschiedene Lieder einstudieren wollte, hat ein Buch letztlich nicht gereicht.

    Die Ultimate Guitar Webseite hatte hochwertigen User Content, alle Tabulaturen in einer einheitlichen Weise optisch aufbereitet und ein Benotungssystem, anhand dessen man schonmal grob einsortieren konnte, welche Tabulatur hot und welche Schrott war.

    Daneben gab es schon 2014 einen interaktiven Tabulatur Player auf der Webseite. Das war und ist zwar ein MIDI-Gedudel, aber es ist etwas anderes, eine Tabulatur vor sich zu sehen oder sie beispielhaft vorgespielt zu bekommen. Zusätzlich zu den Tabulaturen werden auch die regulären Noten angezeigt.

    Im Laufe der Jahre sind viele Funktionen hinzugekommen, mittlerweile gibt es auch so etwas wie "offizielle Tabulaturen", das sind solche, die professionelle Musiker für Ultimate Guitar angefertigt haben. Das sollte zwar kein generelles Unterscheidungskriterium zu den durchaus auch professionellen Tabulaturen sein, die andere Nutzer erstellt haben. Aber ich habe das Gefühl, dass die professionellen Tabs manchmal durchaus logischere Lösungen zu Fingerpositionen anbieten.

    Ich kann ein Abo von Ultimate Guitar durchaus empfehlen, wer auch User Content und Werbung zu schätzen weiß, kann sich auch an der kostenlosen Version versuchen. Der Tab Player und die professionellen Tabs in der Bezahlvariante haben aber durchaus ihren Wert.

    So günstig wie 2014 kommt man allerdings nicht mehr davon. Es scheint heute eine monatliche und jährliche Zahlweise zu geben. Zudem gibt es dauernd irgendwelche Sonderaktionen, bei denen es den ersten Monat oder das erste Jahr günstger oder kostenlos gibt.

    Man kann seine Preise durchaus transparenter angeben als der Hersteller, aber im Schnitt scheint der Preis auf den Monat herunergebrochen so bei maximal 10 € zu liegen. 1,5 Schachteln Zigaretten also, wer viel Tabulaturen benötigt, sollte sich das überlegen.



  3. "Tonebridge" App

    Die Tonebridge App ist auch von Ultimate Guitar und das eigentliche "Wunderwerk" in der Aufzählung hier. Sie wurde entwickelt, um den Gitarre Übenden mit dem möglichst originalen Gitarrensound zu versorgen, der zu einem bestimmten Lied dazugehört.

    Diese Sound Pre-Sets sind soweit ich es überblicke auch User Content und können kostenlos verwendet werden. Wer sich mit seinem Ultimate Guitar Account einloggt, kann eigene Pre-Sets speichern und mehrere Pre-Sets zu einer Art virtuellem Pedal Board zusammenfassen.

    Wenn man bedenkt, was andere Apps mit Verstärker- und Effekt-Pre-Sets so kosten, ist diese kostenlose Software wirklich ein Geschenk des Himmels.




  4. "Youtube" App

    Manchmal will man keine trockenen Tonleitern üben, sondern konkret zu einem Song mitjammen. Da bietet es sich an, dass sich auf Youtube Unmengen an Backing Tracks finden.

    Unter iOS hört die Youtube App allerdings auf zu spielen, wenn man sie minimiert bzw. eine andere App in den Vordergrund holt. Ist das unter Android genau so?

    Wie auch immer: Youtube im Vordergrund laufen lassen, dann sollte alles klappen.

 

 

Alles im Gleichklang



Zum Schluss noch das konkrete Anwendungsbeispiel.

Die Gitarre im Video unten geht über das iRig Pro I/O ins iPhone. Über Tonebridge ist ein Pre-Set für das Steely Dan Lied "Reelin' in the Years" ausgewählt.

In der Youtube-App läuft ein Backing-Track des Liedes.

Da eine direkte gleichzeitige Aufnahme der Youtube-App und Tonebridge auf dem iPhone nicht möglich ist (weder in Video, noch als reine Tonaufzeichnung; geht das unter Android?), habe ich den Kopfhörerausgang des iRig in den Aux-Eingang meines Audio-Interface am PC eingesteckt. Damit konnte ich dann den Gesamtton vom Smartphone/iRig in Cubase aufnehmen.

Das ist umständlich, aber zum reinen Üben auch nicht nötig. Nur wenn man seine Übungen filmen will, geht es nach meinem Kenntnisstand nur über diesen Umweg.








Welche Apps benutzt Ihr?

Schreibt mir gerne in die Kommentare.