Sonntag, 28. Oktober 2018

Umbau einer günstigen Gitarre, Teil 6: Kassensturz und Fazit

[Zu Teil 5 dieser Blog-Post Reihe]

Wir sind am Ende des Umbaus einer günstigen E-Gitarre angekommen und es ist nun Zeit ein finanzielles und inhaltliches Fazit zu ziehen


Die fertig restaurierte MARATHON
noch einmal mit dem SAMICK Verstärker vereint


Lohnt es sich, eine günstige Gitarre umzubauen?


Das hängt davon ab, was der Lohn der Mühen sein soll, also was man sich am Ende davon erhofft.

Bei der Produktion günstiger E-Gitarren muss notwendigerweise irgendwo gespart werden. Es sind meistens der Korpus (Spanplatte statt Vollholz), der Hals (ohne oder mit extrem geringem Radius, weil das einfacher herzustellen ist und am wenigsten Verschnitt produziert) und die Elektrik (Tonabnehmer) - allesamt kritische Komponenten, die darüber entscheiden, wie ein Instrument klingt.

Gespart wird natürlich auch an anderen Dingen, die eher optischer Natur sind. Günstige Gitarren haben in der Regel kein Binding und auch die Lackierung ist meistens ein deckender Farbauftrag, denn man hat hier ohnehin meist keine Holzmaserung, die es zu präsentieren gilt.

Aus einer günstigen Gitarre kann man kein Custom Shop Instrument herausholen, man kann mit kleinen Umbauten aber hörbare Verbesserungen erreichen.

Beispielsweise können bessere Stimm-Mechaniken an einer Gitarre, die sich leicht verstimmt, dazu beitragen, dass die Stimmstabilität sich verbessert.

Andere Tonabnehmer werden sicher dafür sorgen, dass sich die Gitarre anders anhört.

Eine andere Bridge kann dafür sorgen, dass die Gitarre mehr Sustain erhält und ich kann sogar den Hals einer Gitarre austauschen, um ein besseres Spielgefühl und eine optimalere Saitenlage zu erreichen.

Neue Mechaniken, ein Set neue Pickups, eine neue Bridge - hierbei kann man ganz leicht plötzlich bei 400 € und mehr landen...und hat dann dennoch nur eine Sperrholzgitarre.
 
Mein Fazit ist, dass es sich nicht lohnt, wenn man die kalten Zahlen betrachtet. 400 €, die ich in eine 200 € Gitarre stecke, kann ich genauso gut weiter ansparen, noch länger die günstige Gitarre spielen und mir später im Bereich der Gitarren zwischen 900 ,- und 1300 ,- € etwas schon richtig Gutes leisten.

Wir Musiker betrachten aber selten die kalten Zahlen, wir sind meist ja doch so sentimental, dass wir an unseren Instrumenten hängen. Ich habe meine erste E-Gitarre wie gezeigt umgebaut und tue dies auch heute noch regelmäßig. Heute ist sie schon zwei Komplettumbauten weiter, die ich später auch in diesem Blog dokumentieren werde.

Die MARATHON ist meine Experimentier-Gitarre, aber ich nehme auch regelmäßig mit ihr auf, denn sie hört sich richtig gut an. Es hätte aber auch anders enden können, sie hätte am Ende auch schlecht klingen können.

Die Umbaukosten betragen mittlerweile Unsummen, sie haben aber auch etwas Entscheidendes gebracht, das es nicht beim Gitarrenhändler zu kaufen gibt - ein Einzelstück mit einem nicht zwei Mal zu bekommenden Sound und ein Instrument, mit dem mich ein halbes Leben verbindet.

Mein Fazit: Wenn ich mir die günstige Gitarre erst mit dem Ziel des Umbaus gekauft hätte und der sentimentale Wert gefehlt hätte, dann hätte es sich finanziell nicht gelohnt. Handwerkliches Wissen ansammeln lohnt sich aber immer, deswegen ist zum Basteln an günstigen Instrumenten nur zu raten. Man muss hier nur die Kosten im Auge behalten.

Ist es schwierig, eine günstige Gitarre umzubauen?


Das hängt von den handwerklichen Kenntnissen ab. Im E-Gitarrenbau trifft man auf verschiedene "Gewerke":
  • Elektrik
  • Holzbearbeitung
  • Metallbearbeitung
  • Malern/Lackieren: Wobei ich das ganz weggelassen habe. Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich bei diesem Projekt einfach noch zwei weitere Aufkleber auf dem Korpus angebracht habe, wo der Lack besonders unansehnlich war.
Falls man hier bereits Kenntnisse und Werkzeuge besitzt, dann ist es schon etwas weniger schwierig.

Wenn man hier keine Erfahrung besitzt, dann ist es sinnvoll, sich vorher zu informieren, wie etwas gemacht wird und welche Werkzeuge man hierzu benötigt. Dies kann in den einschlägigen Gitarrenforen, in Blogs wie diesem hier, in Fachzeitschriften wie GITARRE & BASS oder - Achtung Geheimtipp - auf der Webseite des US Zubehörhändlers StewMac passieren:



Lötstation, Fräsen, Bohrer, etc. sind nicht ganz billig und passendes Werkzeug wird man brauchen. Meine Erfahrung ist, dass falsches Werkzeug zu Verletzungen und Murks führt, deshalb immer die Regel beherzigen: Wer billig kauft, kauft zwei Mal.

Das soll keineswegs heißen, dass teuer immer besser ist, aber: Mit der Lötpistole aus dem Baumarkt erreicht man nicht die richtige Temperatur zum schnellen und sauberen Löten von z.B. Elektrolytkondensatoren (die kann man "kaputtbrutzeln") und an solchen Lötgeräten wird man auch keine Lötspitzen mit der benötigten kleinen Größe finden, um exakte Lötpunkte zu setzen.

Das muss in die "Gesamtrechnung" natürlich auch einfließen, auch wenn Werkzeuge sehr alt werden können und man sie für das nächste Projekt ohnehin wieder brauchen wird.

Eventuell sollte man sich im Vorfeld auch einmal umhören, ob man das ein oder andere Werkzeug nicht ausleihen kann oder ob nicht jemand aus dem persönlichen Umfeld bei einzelnen Arbeiten mit Rat und Tat zur Seite stehen kann.

Die Teileliste und Abschlussrechnung


Folgende Komponenten wurden gekauft und verarbeitet. Die Preise können sich in Zwischenzeit verändert haben.

Ich habe nur die gitarrenspezifischen Teile angegeben. "Kleinteile" wie den Stahlreiniger hat man eventuell schon zuhause oder kann ihn nach dem Gitarrenprojekt in der Wohnung weiterverwenden.

  • Dunlop Formula 65 Fretboard Kit                 (Thomann)       11,90 €
  • Schaller ST6L Stimm-Mechaniken                  (Rockinger)     43,50 €
  • Mechanikern Befestigungsschrauben 9,5mm [12x]   (Rockinger)     0,20 € [2,40 €]    
  • Butterfly String Tree, schwarz [2x]             (Rockinger)     2,10 € [4,20 €]
  • Shielding Kit (Kupferfolie) [2x]                (Rockinger)     12,50 € [25,00 €]
  • Halsbefestigungsschrauben Nickel [4x]           (Rockinger)     0,50 € [2,00€]
  • Fender Pickguard SSS Black Pearl, 11 Löcher     (Thomann)       49,00 €
  • Pickguard Schrauben Fender-style, schwarz [11x] (Rockinger)     0,25 € [2,75 €]
  • Fender Mexico Strat Vintage Narrow Bridge       (angela.com)    29,99 $ [ca. 26,00 €] 
  • Versand Fender Mexco Strat Bridge nach DE                       39,99 $ [ca. 35,00 €]
  • Zoll Fender Mexico Strat Bridge                                 9,67 €
  • Fehlkauf der ersten nicht passenden Bridge, hier blieb Verlust  ca. 40 €
  • Fender 5-Way Switch                             (Thomann)       8,90 €
  • Fender Tone Poti 250K (A) log Split shaft [3x]  (Thomann)       6,90 € [20,70 €]
  • Fender Poti Knöpfe Set of 3 in Farbe Parchment  (Thomann)       6,00 €
  • Allparts Switchcraft EP0055 Klinkenbuchse mono  (Thomann)       2,95 €
  • Göldo Kabel E9SCB Stoffmantel 1m schwarz        (Thomann)       5,80 €
  • Fender Pickup Set Strat Texas Special           (Thomann)       169,00               

Damit kommen wir in Summe auf 464,77 €.

Mit dem nicht gezählten Kleinkram können wir grob auf 500 € aufrunden, ebenfalls nicht gezählt sind verschiedene Werkzeuge, die ich mir gekauft habe, da ich diese ja auch für andere Projekte weiterverwende.

Ich habe das Gitarrenprojekt in meiner Freizeit an Abenden und Wochenenden durchgeführt. Vom ersten Sichten der Gitarre, der Recherche, dem Kauf der Bauteile bis zu den letzten Handgriffen des Zusammenbaus sind ca. drei Monate vergangen. Die Arbeiten habe ich vom Oktober 2013 bis in den Januar 2014 ausgeführt.

Die Gitarre ist mittlerweile 25 Jahre alt und hat heute einen gescallopten Hals und aktive EMG-Tonabnehmer...aber das ist Material für einen zuküntigen Post.


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